Sonntag, 12. Januar 2025

Der Klang der Stille - Sven Schnee (Rezension)

 »Manchmal ist es nicht die Musik, die wir ändern müssen, sondern, der Kontext, in dem wir sie erleben.« (S. 22)



Eine Hymne an die Musik, eine Elegie zur Selbstfindung und sein Selbst in der Musik zu finden. Der Klang der Stille - ein Paradoxon, das zum Nachdenken anregt. Ein Buch, das nachschwingt, Zeilen, die bleiben. 

Der Leser erlebt ein Buch voller schöner Tellings und Take-Away Messages. Ich glaube, wäre es ein Print, wäre es zumindest bei mir voller Post-Its. »Rhythmus hat keine Worte, aber er erzählt dir Geschichten. Vielleicht hat er dir gerade deine erzählt.« (S. 16). Meine zwar nicht - aber die von Lukas. Der hat sich in seinem stressigen Beruf als Musiklehrer verloren und von der Musik entfremdet. Kein Wunder, dass er da so unglücklich ist und sich nach etwas sehnt, das ihn wieder erdet. Also nimmt er sich eine Auszeit und reist an verschiedene Orte, Bali, Japan, etc., um dort wieder mit der Musik zu connecten. Es hat so ein bisschen was von Das Café am Rande der Welt - nur eben in musikalisch. Es gibt keine hektischen Handlung, keine »Spannung« im klassischen Sinne; eher eine Galerie von stillen Momenten, mehr Eindrücke und Szenisches, die dem Buch insgesamt eine zugrundeliegende Ruhe verleihen. Ein malerischer, bildlicher Schreibstil ermöglicht ein flüssiges Lesen. Ich bin insgesamt auch gut durch das Buch durchgekommen, auch wenn das ja normalerweise nicht das ist, was ich lese. Für den Horizont hat es auf jeden Fall gut getan und ich weiß endlich, was sich hinter Taketina versteckt. (Nein, keine Kampfsportart. :)). Der rote Faden war durchweg erkennbar und am Ende hat sich der Kreis geschlossen und das Puzzle war vollständig. Das Wiedersehen mit Martin und Mira, und ein paar Gedanken von den beiden mitzubekommen, war auch ein schönes Ende für das Buch. 

Gleichzeitig gibt es auch ein paar Sachen, über die ich gestolpert bin: Es ist Selfpublishing, das vorweg, was an der Qualität keinen Abbruch tut, trotzdem hätte dieses Buch dringend ein Lektorat und Korrektorat gebraucht. Mal war der Apostroph so ' , dann wieder ` so,  Anführungszeichen und Kommas waren manchmal in der falschen Reihenfolge, Tippfehler, Tempusfehler - alles dabei. Nicht so, dass es den Lesefluss eingeschränkt hätte, aber doch, dass es auffällt. Den Lesefluss außerdem hat gestört, dass die Abstände zwischen den Absätzen zu groß waren und viel viel zu lange Sätze mit viel viel zu vielen Einschüben und Kommas da waren. Weniger para- und hypotaktische Sätze hätten es auch getan, vor allem, um die Ruhe, die das Buch ja durchaus vermittelt, einfach noch weiter zu unterstreichen. 
Stilistisch ist der Lieblingssatz wohl »tauchte die Sonne XY in ein goldenes Licht« und die Satzkonstruktion »Nicht nur ... , sondern auch...«  sehr beliebt. Sehr poetisch, aber auf Dauer dann auffallend. 

Insgesamt ein angenehmes Leseerlebnis, das viel zum Nachdenken anregt, Ruhe in den Alltag bringt und malerisch poetisch dieses Selbstfinden-in-der-Musik beschreibt. Stilistisch und formal ist allerdings noch Luft nach oben. :) 

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